
MAX GIESINGER
„Glück auf den Strassen“
VÖ: 26.09.2025
Wer Max Giesinger in seiner Wohnung über den Dächern von Hamburg besucht, bekommt neuerdings, kaum in der Wohnküche angekommen, einen Kaffee angeboten. Man sollte ihn annehmen, denn Max hat eine neue Siebträgermaschine, die ihm irre Spaß macht, und das, was er mit wachsender Begeisterung aus dem Ding herausholt, hat echte und beste Barista-Qualität. Wie er das macht? „Du musst dir Zeit dafür nehmen, deine eigene Zubereitungsart finden, du brauchst Akribie, und du musst Spaß am Prozess haben“, sagt Max Giesinger, „je mehr von allem, desto besser wird das, was am Ende dabei herauskommt.“
Geneigte Freund*innen der Metaphorik werden zweifellos das Gleichnis erkennen: Kaffee brauen ist also wie Musik machen. Max Giesinger hat sich Zeit gelassen für sein fünftes Album, auch deshalb, weil sich in ihm in den letzten Jahren ein Gefühl dafür manifestiert hat, wie er jetzt klingen will. Und dieses Gefühl wollte er reifen lassen. „Wenn sie tanzt“, „80 Millionen“, das war der Hymnen-Max von vor beinahe einem Jahrzehnt. „Die Reise“ war vor bummelig sieben Jahren die Dokumentation einer Entwicklung, und das alles hatte seine Zeit und war genau dort richtig aufgehoben. Aber jetzt, mit knapp vor 37, hat Max eine Platte gemacht, von der er sagt: Das bin ich. Das will ich. Das ist genau das, wie es mal angefangen hat mit der Musik für mich.
Und das war, in mehrfacher Hinsicht, auf der Straße. Im grünen Golf-Cabrio seiner Mutter, mit der er durch das ländliche Baden fuhr, sechs, sieben, acht Jahre alt – nur, um mit ihr Musik zu hören, Pink Floyd, Bruce Springsteen, Fleetwood Mac. Deren Songs waren der Grund, warum er mit der Musik überhaupt angefangen hat, man hört es – der Anfang von „Schiebedach“ könnte auch von Stevie Nicks stammen. Und auf der Straße hat er sich später doch selbst ausprobiert als Musiker, in den Fußgängerzonen von Karlsruhe und Sydney, für ein paar Münzen im Gitarrenkoffer und das gute Gefühl, dass Leute nur für ihn stehenblieben.
Genau dort ist er wieder angekommen, 13 und ein halbes Jahr nach „The Voice of Germany“.
Nicht wirklich auf der Straße, der Mann gehört natürlich auf die große Bühne. Sondern: bei dem Gefühl von früher. „Glück auf den Strassen“ heißt das neue Album. Ein bisschen seltsam, der Titel. Aber nur, bis man die 13 Stücke gehört hat. Denn diese Platte ist wie ein Roadtrip, der an allem rührt, was Max liebt. Geht gleich gut los mit dem Titelstück, in dem der Neu-Barista sogar den miesen Tankstellenkaffee um sechs Uhr morgens abfeiert, Hauptsache unterwegs, Hauptsache Licht und Luft, Hauptsache Leichtigkeit und Leben. Paradoxerweise aber lebt dieses Bewegungsalbum aber auch von den Momenten des Stillstands. Denn das ist eine neue Qualität im Leben des Max Giesinger: Der Junge, der rennt, hat gelernt, einfach mal stehenzubleiben. Den Augenblick zu feiern, die Perfektion des Moments, in dem nichts drängt und muss. „Wimpernschlag“ ist der Song dazu, für den er seinen Kumpel Johannes Oerding ins Studio gezerrt hat. Überhaupt, Giesinger, der in den vergangenen Jahren so viele Fragen an sich und das Leben gestellt hat, setzt jetzt Ausrufezeichen. „So vielen von uns geht es in dieser Beurteilungsgesellschaft nur noch darum, anderen zu gefallen, um jeden Preis“, sagt er, „damit bleibt man immer an der Oberfläche“.
Kennt er alles. Und hat festgestellt: Glücklicher macht das nicht, manchmal im Gegenteil. „Wir haben uns eine Kultur des Unechten geschaffen, des Scheins“, sagt Max.
„Glück auf den Strassen“ ist klar und pur, ein handgemachter Gegenentwurf gegen alles Unechte, Überproduzierte, Künstliche. Voller Lieder, die sich an keinem Trend orientieren, nicht an den Bedürfnissen der Plattenindustrie, nicht an dem 15-Sekunden-TikTok-Diktat, denen neue Songs nur zu oft unterworfen sind. „Alles, was dich als Künstler ausmacht, wirfst du weg, wenn du erstmal auf Social Media testen lässt, was du rausbringst und was nicht“, sagt er. „Das ist das Gegenteil von Kunst für mich.“
Da ist eine neue Leichtigkeit in Max. Er hat sie in der Natur erworben, in die er sich immer öfter zurückzieht. In einem Buddhistischen Kloster bei Bordeaux, wo er mitten in der Hauptproduktionsphase des Albums einfach mal eine Woche eingecheckt hat, mit zwölf Stunden Schweigen am Tag. War super, findet er. „Ich habe gemerkt: Ich bin in meiner Werkseinstellung grundentspannt“, sagt Max, „aber die Welt zieht manchmal zu sehr an mir.“ Was uns zum vorerst finalen Lernprozess des Max Giesinger in den 2020ern bringt: Er kann inzwischen ganz gut loslassen. Das gilt für Dinge, die ihm nicht guttun, zu denen er früher aber trotzdem meistens „ja“ gesagt hat. Für seine alte, geliebte Wohngegend, die er von seiner neuen Dachterrasse in gebührender Entfernung noch sehen kann und manchmal vermisst.
Und für die letzte große Liebe, die ihn erwachsener gemacht hat, mutiger, offener. Und mit der es am Ende trotzdem nicht für das große Ganze gereicht hat.
Auch davon singt er auf dieser Platte. Denn das gehört zu den Zutaten seines Lebens, aus denen er mit Sorgfalt, Leichtigkeit und Spaß an der Welt dieses Stück Musik gebraut hat, das so sehr er selbst ist wie vielleicht noch keines zuvor. „Ich weiß nicht, ob es jedem gefällt“, sagt Max Giesinger. „Aber mich macht es glücklich, dieses Album.“
Quelle: unm Entertainment GmbH
Dieses Album ist ab dem 26.09.2025 auf allen Download- und Streaming-Portalen erhältlich.
Airdate (für Radiosender): 26.09.2025

























